Autoreifen reparieren statt neu kaufen Von Heiko Haupt, dpa
München/Bonn (dpa/gms) - Ein kaputter Autoreifen ist in der Regel auch ein platter Reifen, der das Fahren unmöglich macht. Die Abhilfe in der misslichen Lage besteht für Autofahrer meist darin, das Ersatzrad zu montieren und beim Händler einen neuen Reifen zu erwerben. Vergessen wird dabei oft, dass es noch andere Methoden gibt.
Denn auch die Reifen moderner Autos lassen sich bei vielen Beschädigungen reparieren. Die Ausbesserung durch einen Fachmann dauert nicht lange und ist im Vergleich zum Neukauf um einiges günstiger. "In jedem Jahr gibt es in Deutschland zwischen fünf und sechs Millionen Reifenschäden", sagt Peter Dahlheimer, Leiter des Geschäftsbereichs Automotive bei Tip Top Stahlgruber in Poing bei München. Das Unternehmen stellt unter anderem Zubehör für Reifenreparaturen her. Bei Lastkraftwagen seien solche Reparaturen durchaus üblich, bei den Pkw jedoch lange fast vergessen gewesen, so Dahlheimer. "In letzter Zeit erleben wir allerdings eine Renaissance. Das Kostenbewusstsein der Autofahrer ist größer geworden."
"Grundsätzlich ist jeder Reifen zu reparieren", sagt Hans-Jürgen Drechsler, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) in Bonn. "Es gibt aber eine Richtilinie, in der festgehalten ist, welche Schäden überhaupt repariert werden dürfen."
Der typische Schaden am Reifen ist der so genannte Einfahrschaden - wenn also beispielsweise ein Nagel durch die Lauffläche gedrungen ist und die Luft langsam entweicht. "Diese Beschädigungen machen weit mehr als 90 Prozent der Reifenschäden aus", sagt Drechsler. Sie dürfen bei einem Pkw repariert werden, wenn ihr Durchmesser nicht größer als sechs Millimeter ist. Die Kosten für die einfache Schnellreparatur liegen bei 15 bis 25 Euro, so Peter Dahlheimer.
Stark begrenzt sind aus Sicherheitsgründen die erlaubten Ausbesserungsmöglichkeiten an anderen Stellen des Reifens - das gilt vor allem für den Wulst, also jenen Bereich, mit dem der Reifen an der Felge sitzt. "Auch eine Reparatur an der Reifenflanke ist schon kritisch", sagt Axel Böhme, Reifenexperte des TÜV Nord Straßenverkehr in Hannover. Problematisch sind laut Ruprecht Müller vom ADAC in München auch Ausbesserungsarbeiten an der so genannten Schulter des Reifens. "Das ist der Bereich, an dem die Seitenwand des Reifens in die Lauffläche übergeht. Hier treten die höchsten Belastungen auf."
Die typische Schnellreparatur eines Autoreifens wirkt auf den ersten Blick einfach, kann aber nur von einem geschulten Vulkaniseur-Meister vorgenommen werden. "Es gibt Reifenhändler, die dazu fachlich nicht in der Lage sind", sagt Hans-Jürgen Drechsler. Der Meister darf sich nicht mit seinem einmal erworbenen Wissensstand begnügen, sondern muss sich auch regelmäßig zu Schulungen einfinden.
"Die Reparatur an sich ist unkritisch, wenn sie fachgerecht ausgeführt wird", sagt ADAC-Experte Müller. Der erste Abschnitt der Arbeit besteht darin, den Reifen von der Felge zu nehmen, um den Schaden auch an der Innenseite zu begutachten. Peter Dahlheimer von Tip Top warnt vor vermeintlichen Fachleuten, die meinen, einen Autoreifen flicken zu können, ohne ihn von der Felge zu nehmen: "Alle Reparaturen, die von außen durchgeführt werden, sind gefährlich."
Laut Ruprecht Müller ist die Diagnose der Innenseite schon der Beginn der Reparatur. Dabei wird kontrolliert, wie stark die Stahlfäden im Reifen beschädigt sind. Kann repariert werden, wird der Stichkanal des eingefahrenen Gegenstands gesäubert. Dann kommt der pilzförmige Reparatur-Pfropfen zum Einsatz. Aus dem Ende des Stiels ragt ein dünner Metallstift, an dem er durch das Loch gezogen wird. Danach liegt der breite Kopf des Pilzes an der Innenseite des Reifens an. Außen wird der überstehende Teil entfernt. Zum Schluss wird vulkanisiert, so dass Reifen und Reparatur-Pilz eine dichte Verbindung eingehen. Das alles dauert laut Peter Dahlheimer gerade einmal 15 bis 20 Minuten.
Ist der Reifen einmal repariert, ist er nach Aussagen der Experten genauso einsatzfähig wie vor der Beschädigung. Unterschiede gibt es laut Hans-Jürgen Drechsler aber je nach Reifenmarke - einige Hersteller schränken die Freigabe einzelner Reparaturmöglichkeiten ein. Und dann ist da noch das Thema Garantie: Die gibt nach einer solchen Ausbesserung nicht mehr der Reifenhersteller, sagt Klaus Engelhart von Continental in Hannover: "Wer die Reparatur durchführt, muss auch die Garantie dafür übernehmen."
dpa/serviceline vom 09.01.2004 09:58
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