Hallo,
da ich seit kurzen, auch einen Z3 (3L coupe) fahre, "vergeßt es, der S2000 wurde nicht eingetauscht, der schont sich nur in der Garage" , bin ich auf diversen BMW Fan Sites mal unterwegs gewesen, um das eine oder andere zu erfahren. Hierbei bin ich auf der Site http://www.verdeck-weg.de/ auf folgenden Testbericht gestoßen. Um es vorweg zu nehmen, Lob an die Kollegen der BMW Site, solch einen positiven "pro S2000" Bericht, hätte ich dort eigentlich nicht erwartet!
Alles bleibt offen
Der Roadster-Fan hat die Qual der Wahl: Will er die brachiale Kraft des Turbos spüren, kultivierte Sechszylindertechnik genießen oder von einem Rennmotor reinsten Wassers fortgerissen werden? Honda, BMW und Audi haben für jeden Geschmack etwas im Angebot
Für eingefleischte Automobilisten ist die Fahrt im offenen Roadster die einzig wahre Form der Fortbewegung. Während das Schauspiel der Natur, der Wechsel der Jahreszeiten mit allen Geräuschen und betörenden Gerüchen an den doppelverglasten Scheiben klimabewehrter High-Tech-Limousinen lautlos abperlt, zelebriert der Roadster-Fan die Ausfahrt zu einem genussvollen Fest für die Sinne.
Nichts ist für jene Puristen verwerflicher als Menschen, die nicht aus Leidenschaft dieser Roadster-Philosophie folgen, sondern aus modischen Erwägungen. Fakt ist aber auch, dass ohne einen umjubelten Trendsetter vom Schlag eines Mazda MX-5 die Spezies der Spaßautomobile offener Art kurz vor dem Aussterben stand. Dem modischen Chic ist es zu verdanken, dass das Angebot an veritablen Roadstern Jahr um Jahr beständig wächst und gedeiht.
Das sollte Anlass zur Freude sein, ohne dass man dabei die Unterschiedlichkeit der Konzepte aus den Augen verliert, denn die Automobilhersteller peilen natürlich ganz verschiedene Zielgruppen an. Audi spricht mit dem 225 PS starken TT Roadster mehr die jüngere Klientel an, für die die Entscheidung pro Cabrio Teil der eigenen Selbstdarstellung ist. Die potenziellen Käufer eines BMW Z3 sind im Vergleich eher nüchterner und abgeklärter Zurückhaltung verpflichtet. Und Honda zielt mit dem S 2000 auf den sportlich gesinnten Hardcore-Fan.
Dementsprechend fällt auch der optische Auftritt der drei Testkandidaten aus. Die kräftige, aber nicht kraftmeiernde Linienführung des BMW Z3 zitiert die klassischen Proportionen des Genres: lange Haube und knappes Heck. Dazwischen dominieren Sachlichkeit und Funktionalität. Die stark verbesserte Verdeckkonstruktion gestattet die spontane Zufuhr von Frischluft quasi im Handumdrehen. Wie bei allen Testkandidaten nervt allerdings die fummelige Persenning. Deshalb ein Aufruf an die Automobilindustrie: Wir plädieren für die konsequente Abschaffung dieses lächerlichen Relikts aus der Frühzeit der Cabriolets.
Im Innenraum des Z3 dominiert dafür gekonnt bajuwarisches Understatement. Kein unnötiger Tand beeinträchtigt das Fahrvergnügen, jeder Schalter, jeder Hebel folgt den Gesetzen der Logik. Dass der Charme unter dem betont nüchternen Arrangement etwas leidet, ist bedauerlich, aber durchaus verzeihbar. Nur die wenig Seitenhalt bietenden Sitze trüben das ansonsten propere Bild.
Der TT Roadster von Audi ist da von ganz anderem Schrot und Korn. Schon optisch spielt er die Rolle des Platzhirschen. Die klassischen Designvorgaben werden mit symmetrischen Zirkelschwüngen in die Mottenkiste verabschiedet. Wie die Zulassungsstatistik ausweist ein durchaus erfolgreiches Rezept. Die Witzigkeit als Wert an sich verkauft sich blendend, trotz der naserümpfenden Ablehnung der Puristen.
Tatsache ist, dass der Audi TT als Roadster durchaus Qualitäten bietet und Laune bereitet. Die hochgezogene Gürtellinie umspannt die Insassen wie ein schützender Kokon, die tiefe Sitzposition im straffen Leder-Gestühl schafft eine wohlige Atmosphäre, auch wenn bei höheren Geschwindigkeiten der Wind heftiger ins Cockpit bläst als bei der Konkurrenz. Das passgenaue Verdeck lässt sich leicht und mühelos bedienen, nur die Persenning sorgt wieder einmal für Verdruss. Über Gestaltung und Originalität des Interieurs ist zur Genüge debattiert worden. Verarbeitung, Anmutung und Ergonomie sind schlicht top, und nur das zählt.
Der Honda S 2000 setzt gegen die schwungvolle Formensprache des BMW und das modernistische Häufchendesign des Audi die klare, klassische Roadsterlinie. Die straff gespannte Linienführung des japanischen Zweisitzers mit der pfeilförmig zugeschnittenen Front und dem kurzen, knackigen Heck setzt Maßstäbe. Fernab von Schnickschnack und Schickimicki regiert im Honda schnörkellose Geradlinigkeit.
Die aufwendig konstruierte Chassis-Struktur mit dem hochfesten X-Bone-Rahmen und dem breiten Mitteltunnel als tragendem Element besitzt eine Verwindungssteifigkeit, von der so mancher Konkurrent nur zu träumen vermag. Um die erzielbare Fahrdynamik in allerhöchste Regionen /u treiben, realisierten die japanischen Techniker durch die Frontmittelmotor-Bauweise eine ausgewogene Gewichtsbalance zwischen Vorder- und Hinterachse.
Gelungen ist auch die Gestaltung des Innenraums. Klar und übersichtlich sind die Instrumente mit dem beeindruckenden, bis 9500 Umdrehungen reichenden Drehzahlmesser. Der rote Starterknopf weist die Richtung, das puristische Konzept entstammt direkt dem Motorsport. Auch das Drumherum passt: Die Sitze sind sportlich konturiert und bieten guten Seitenhalt. Groß gewachsene Fahrer würden sich allerdings etwas mehr Schenkelauflage durch großzügigere Verstellmöglichkeiten der Sitze und ein in der Höhe verstellbares Lenkrad wünschen.
Der Schalter für die Reinigung der Scheinwerfer sorgt ab und an für unfreiwillig komische Einlagen. Die Platzierung auf der Mittelkonsole sorgt für häufige Zufallsauslösungen durch Berührung mit dem lässig abgelegten Unterarm, unfreiwillige Duscher der Insassen bei geöffnetem Dach inklusive. Aber sei es drum. Das Konzept und die Ausführung sind stimmig arrangiert.
Mit der gleichen Konsequenz schlugen die Honda-Ingenieure beim technischen Arrangement des Honda S 2000 zu. Der weit nach hinten versetzte Zweiliter-Vierzylindermotor mit 240 PS ist ein wahres Kronjuwel des Motorenbaus. Mit seinem guten Durchzug im mittleren Drehzahlband und seiner exorbitanten Leistungsfähigkeit bis hinauf zur Drehzahlgrenze über 9000 Umdrehungen gelingt ihm gleichsam die Quadratur des Kreises. Besonders die zornigen Drehzahlorgien oben heraus, untermalt vom sonoren Tremolo der zweiflutigen Abgasanlage, ziehen jeden technikbegeisterten Fahrer in ihren Bann.
Lässig spult dieser Motor sein Programm zwischen piano und fortissimo auch bei den Fahrleistungsmessungen ab. Als Testschnellster erreicht er die 100-km/h-Marke nach nur 6,2 Sekunden, knapp vor dem BMW (6,3 s) und deutlich vor dem Audi TT (6,9 s). Bis auf 200 km/h kann der Honda S 2000 seinen Vorsprung erheblich ausbauen. Dem BMW nimmt er knapp drei Sekunden ab, dem TT gar gleich deren sieben. Wer sich nicht mit Lust durch das perfekt zu schaltende Sechsganggetriebe arbeiten will, kann auch im hohen Gang der deutschen Konkurrenz locker folgen, wie die Elastizitätswerte beweisen. Das verwundert umso mehr, als bei diesem High-Tech-Triebwerk die Vermutung nahe läge, dass ausschließlich die Höhe der Drehzahl die Gangart bestimme. Weit gefehlt, denn durch die variable Nockenverstellung VTEC mit zahmer und scharfer Nockenkontur ist auch bei niedrigen Drehzahlen für ausreichend Durchzugskraft gesorgt.
Naturgemäß profitiert der Honda S 2000 bei der Beschleunigung auch von seinem niedrigen Gewicht von 1275 Kilogramm. Der Audi TT bringt da fast 300 Kilogramm mehr an den Start, was er dank der guten Traktion mit Allradantrieb auf den ersten Metern ganz ordentlich ausgleichen kann. Doch je höher die Geschwindigkeit, umso weiter gerät der TT ins Hintertreffen. Da hilft auch das exakt zu schaltende Sechsganggetriebe mit den passgenauen Ganganschlüssen V nicht weiter.
Das Bild ändert sich erst, wenn es um die Elastizität geht. Hier dominiert der Audi TT den Vergleich, auch wenn der Vorsprung nicht besonders üppig ausfällt. Der Grund liegt in dem eindrucksvollen Hochplateau der Drehmomentverteilung des turbobefeuerten Vierzylinders. Dank moderner Motorelektronik kann nach dem Einsetzen des vollen Ladedrucks das Drehmoment und damit der Zugkraftüberschuss nahezu konstant gehalten werden.
Diese eigentlich frohe Botschaft kontrastiert in merkwürdiger Weise mit der subjektiven Wahrnehmung des Fahrers. Bei niedrigen Drehzahlen unterhalb von 2500/ min passiert nämlich nach dem Vollgasbefehl erst einmal herzlich wenig. Trotz variabler Turbinengeometrie des Laders entsteht der Eindruck, man komme nicht recht vom Fleck. Der plötzlich einsetzende Schub verstärkt diesen unharmonischen Gesamteindruck noch zusätzlich.
Im Gegensatz zum kleinen Vierzylinder des TT kann der Drei-Liter-Motor im BMW Z3 aus dem Vollen schöpfen. Mit einer Spitzenleistung von 231 PS aus sechs Zylindern und einem opulenten Drehmoment von 300 Newtonmetern ist er zweifelsfrei die lässigste Antriebsquelle im Vergleich. Unten herum verwöhnt der Bayern-Sechser mit vehementem Schub, relaxtes Cruisen im hohen Gang ist daher seine Domäne. Der seidenweiche Lauf stempelt ihn zum souveränen Komfort-Antrieb, und beim geräuschvollen Ausdrehen der Gänge kommen auch sportliche Naturen auf ihre Kosten. Der niedrige Verbrauch und das perfekte Getriebe-Arrangement sind weitere Pluspunkte des Z3 mit dem neuen Drei-Liter-Motor.
Neben gelungener Optik und starkem Herzen wünscht sich der Roadster-Fan mehr als alle anderen Kunden ein knackiges und agiles Handling. Alle drei Testkandidaten kommen dieser Zielvorgabe recht nahe, auch wenn die Akzente von den Herstellern unterschiedlich gesetzt werden. Nach dem pannenreichen Serienanlauf nahm Audi den TT mittels ESP an die elektronische Leine. Das Fahrverhalten des Ingolstädter Roadsters kann nach der Rosskur als durchweg sicher bewertet werden.
Dem Grenzbereich des TT fehlt es allerdings nach wie vor an der exakten Definition des Limits. Der Wechsel vom Übersteuern ins Untersteuern und retour ist in der Tendenz immer noch vorhanden, nur eben elektronisch beaufsichtigt. Während bei niedrigen Geschwindigkeiten die Federung mit gutem Komfort glänzt, erzeugt die straffe Dämpfung bei hohen unangenehm heftige Vertikalbewegungen des Fahrzeugaufbaus.
Japanische Rasse, bayerische Kraft oder Ingolstädter Chic? Bei Honda, BMW und Audi hat der Kunde die Wahl zwischen ganz unterschiedlichen Roadster-Konzepten
Im Komfort-Kapitel noch eine Klasse besser ist da der Z3 von BMW. Die betont weiche Auslegung bügelt sämtliche Unebenheiten der Straßenoberfläche aus, ohne die notwendige Rückmeldung vermissen zu lassen. Bei forcierter Gangart neigt der BMW damit natürlich viel stärker zu Wankbewegungen und starker Rollneigung. Trotzdem muss dem Bayern-Roadster eine vorbildliche Fahrsicherheit attestiert werden, und schnell ist er obendrein: Den Kleinen Kurs in Hockenheim umrundet er mit zügigen 1.20,8 Minuten um eine halbe Sekunde schneller als der Audi TT.
Alles noch ein bisschen besser kann der Honda S 2000. Er spielt auf der Rennstrecke seine konstruktiven Vorteile gnadenlos aus: Steifes Chassis, ausgewogene Balance, Sperrdifferenzial und eine dem Sport verpflichtete Fahrwerksauslegung machen ihn zum Primus unter den Kurvenkünstlern. Auch ohne ESP bietet er ausreichende Fahrsicherheit, wenngleich der hoch gesteckte Grenzbereich schmaler gefasst ist als bei der Konkurrenz. Die exzellente Rundenzeit von 1.18,9 Minuten ist Nachweis dieser sportlichen Gesinnung.
Die drei Roadster halten also, was ihre Optik verspricht. Der Honda ist der Renner unter den Roadstern, im Z3 dominiert barocke Gemütlichkeit, und der Audi TT stiehlt allen die Show. Da sage noch einer, man könne vom Äußeren nicht auf die inneren Werte schließen.
Fazit:
Spaß und freie Sicht nach oben garantieren alle drei zum Test angetretenen Roadster. Wie immer liegen die Unterschiede im Detail. Der Audi TT glänzt mit pfiffigen Details, außergewöhnlichem Design und hervorragender Verarbeitung. In den Kapiteln Fahrleisstung und Fahrwerk kann er nicht ganz mit der Konkurrenz mithalten. Der BMW Z3 spielt seine traditionellen Stärken voll aus: Der tolle Motor und das knackige Getriebe gehören mit zum Besten, was für Geld zu kaufen ist. Außerdem distanziert er seine direkten Gegner mit dem guten Komfort. Der Honda S 2000 ist ein echter Sportwagen ohne Wenn und Aber. Der umwerfende Motor beschreibt den Stand des technisch Machbaren, und das Fahrverhalten liegt auf dem Niveau ausgewachsener Supersportwagen.
Marcus Schurig - sport auto - 10/2000