Die Winterreifen-Lüge!!!

  • http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,379986,00.html

    Eiskalter Schwindel

    Von Christian Wüst

    Winterreifen, behaupten die Hersteller, haften nicht nur bei Schnee und Eis besser, sondern generell unterhalb von sieben Grad. Peinlich nur: Das stimmt nicht.



    Die Frage ist einfach, und die Antwort auch: Wann beginnt der Winter? Er beginnt am 21. Dezember, jedenfalls auf der Nordhalbkugel der Erde.

    Damit jedoch ist noch nicht alles geklärt - jedenfalls nicht für den Industriezweig der Reifenproduktion und einen dienstbaren Polit-Verband.

    Bremstest bei Schnee und Glätte: Bei Nässe und Trockenheit bremst das Sommerprofil besser
    "Der Winter beginnt bereits ab 7 Grad", verkündet derzeit der Deutsche Verkehrssicherheitsrat e. V. (DVR) in einem kalendarisch unpräzisen Appell, der sich "Initiative PRO Winterreifen" nennt und scharf an der Haftgrenze zwischen propagiertem Gemeinnutzen und handfesten Firmeninteressen einherschlittert. Als "Partner" der Aktion sind unter anderen die Reifenproduzenten Continental, Dunlop, Michelin und Pirelli ausgewiesen.

    Ihre Kernbotschaft ist seit Jahren aus der Werbung bekannt: Winterreifen haben eine weichere Materialmischung, die bei Kälte elastischer bleibt als die der Sommerpneus. Deshalb sollen sie nicht nur auf Schnee und Eis besser haften und kürzere Bremswege garantieren, sondern generell auch auf kaltem Asphalt. Die "Schallgrenze" für den gummihärtenden Effekt ziehen DVR und Partner bei ebenjenen sieben Grad über null.

    Adressaten der Aktion sind umrüstungswillige Autofahrer, die etwa behaupten, bei Schnee und Eis ohnehin nicht zu fahren. Bundesweit sind die Hälfte aller Autos auch im Winter mit Sommerreifen unterwegs. Über 20 Millionen Reifensätze mehr ließen sich also absetzen - ein Milliardengeschäft im Dienst der Sicherheit?

    Theoretisch stimmt die Thermo-These auch - nur die Sieben-Grad-Grenze ist falsch. So früh härtet auch der Sommergummi nicht drastisch aus. "Der Sommerreifen hat entscheidende Vorteile auf trockener und nasser Straße, auch bei niedrigen Temperaturen", sagt Ruprecht Müller, Reifenexperte des ADAC. Die sieben Grad seien "völlig willkürlich" gewählt und durch keinen Testwert belegt.

    Im Gegenteil: Beim jährlichen Winterreifentest lässt das Fachblatt "Auto Bild" immer einen Referenz-Sommerreifen mitfahren. Die Ergebnisse sind eindeutig: Auf Schnee rutscht das Sommerprofil fast doppelt so weit. Bei Vollbremsungen auf nasser und trockener Fahrbahn dagegen bremst es deutlich besser als die besten Winterreifen - auch bei Fahrbahntemperaturen von sieben Grad und weniger.

    Die Lauffläche von Winterreifen ist von feinen Einschnitten, sogenannten Lamellen, durchzogen. Das hilft dem Reifen, sich mit glatten Schnee- und Eisoberflächen zu verzahnen - erhöht aber den Verbrauch und verschlechtert die Haftung auf Asphalt. Diesen Nachteil kann die auf Kälte optimierte Gummimischung nicht ausgleichen - jedenfalls nicht schon bei sieben Grad. Bei welcher Temperatur sich das Blatt letztlich zugunsten des Winterreifens wendet, ist nicht bekannt.

    Als einziger Hersteller präsentiert Michelin gründlich dokumentierte Ergebnisse von Tests bei Nässe, die auf den ersten Blick die Sieben-Grad-These stützen. Bei Vollbremsungen von 80 auf 10 km/h und Temperaturen zwischen vier und acht Grad waren die Bremswege der Winterreifen gut fünf Meter kürzer.

    Allerdings zeigten deren absolute Länge (bis zu 40,2 Meter), dass hier auf extrem glattem Asphalt getestet wurde, der bei Nässe fast so rutschig werden kann wie Schnee. Winterreifen haben unter solchen Ausnahmebedingungen Vorteile wegen der Lamellen im Profil, nicht aber wegen der Gummimischung, und wären dem Sommerreifen auch bei höheren Temperaturen überlegen.

    Kalt erwischt: Bremswege bei einer Vollbremsung aus 100 km/h
    Testwerte bei Kälte und Trockenheit gibt kein Reifenhersteller bekannt. Solche Versuche würden zwar gemacht, sagt Holger Rehberg, Leiter des technischen Trainings bei Goodyear, eine Veröffentlichung der Ergebnisse halte er aber "nicht für sinnvoll". Die Sieben-Grad-Richtlinie, räumt er ein, sei "physikalisch nicht richtig, aber als Leitfaden doch ganz gut".

    Eiskalter Schwindel also für den vermeintlich guten Zweck, die Autofahrer zum Umrüsten zu bewegen. Doch bringt das wirklich mehr Sicherheit? Wer im Winter sein Auto bei Schnee und Eis stehen lässt, der bremst in vielen anderen Situationen mit Sommerreifen besser.

    So wird es auch nicht, wie häufig verbreitet, zu einer generellen Winterreifenpflicht kommen. Tatsächlich plant das Bundesverkehrsministerium eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, die Winterreifen bei Schnee und Eis vorschreibt - aber eben nicht schon bei Kälte.

    Die Sieben-Grad-Lüge erweist sich indes als immun gegen Aufklärung. "Ich kämpfe wie ein Ritter gegen diesen Unfug", sagt ADAC-Reifenexperte Müller, "und habe darauf gedrungen, die sieben Grad bei ADAC-Veröffentlichungen nicht mehr zu verwenden."

    Mit wenig Erfolg: Der Reifenhersteller Pirelli bietet mit seiner "Winterwette" die bizarrste Verkaufsaktion zum Sieben-Grad-Thema an: Käufer von Winterreifen erhalten die Hälfte des Preises zurück, wenn die Durchschnittstemperatur nicht an mindestens 77 Tagen zwischen dem 15. November und 28. Februar unter sieben Grad liegt.

    "Vorteils-Partner" der Aktion ist der ADAC. Clubmitglieder bekommen sogar 75 Prozent zurückerstattet.


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    hmmm... das macht mich nachdenklich... ConfusedRolling Eyes

  • Leider haben sich die Gummi-Produzenten bei mir total verrechnet:


    • 16 Winterreifen sind günstiger als 18 Sommerreifen
    • Mein Fahrstil mit Winterreifen deutlich verschleißärmer als mein Fahrstil mit Sommerpneus
    • Ich brauche im Sommer ca. 1 Satz Reifen, meine Winterreifen fahre ich diesen Winter das 3. Jahr und war mit denen sogar 1 x in Boxberg (trocken, da zu kalt für Bewässerung) und 2 x Groß Dölln.



    Also ich find's gut, früh auf Winterreifen zu wechseln. Very

    Markus

  • Das hätte ich jetzt nicht gedacht. ShockedShockedShocked

    Gerade diese 7°C Grenze war für mich schon ein Kriterium. Vor allem weil man merkt das die Yokos schon unter 20°C weniger Grip haben als wenn es wärmer ist. Rolling Eyes

    Die gesetzliche Regelung, das eine Pflicht für Winterreifen kommen soll finde ich total schwachsinnig. In manchen Regionen in Deutschland kann man getrost auf Winterreifen verzichten und locker mit Allwettereifen durch den Winter gondeln. Nod

  • Klasse dass sich mal jemand getraut hat den totalen Schwachsinn der so regelmäßig von Lobbyisten verbreitet wird zu überprüfen.

    Selbst ein Horst v. Saumra hat ja vor 2 Jahren ins gleiche Industriehorn gestossen und eine generelle Winterreifenpflicht gefordert Evil or Very Mad

    Ich hatte gerade das Vergnügen und habe in einer autobild geblättert und den Winterreifentest gelesen.
    Das Sommerreifen auf Schnee unfahrbar sind ist klar.
    Aber wie schlecht Winterreifen immer noch auf Nässe und Trocken sind war dann schon wieder bedenklich, freundlicherweise testen die halt neuerdings einen Sommerreifen mit.

    Grüße

    Walter

  • also das die Sommerreifen länger halten wenn man mit 16" Winterreifen rum fährt, ist auch nen Grund.
    Nen anderen sollte man überlegen wenn man mal seine Versicherung fragt. Die sind schnell der Meinung das man ne Teilschuld bekommt wenn man ohne Wintergummi unterwegs ist. Wer will den Stress schon haben?

    Aber davon abgesehen. Wir haben es noch nicht sooo kalt und ich kann eindeutig feststellen, dass der Grip hinten spürbar schlechter geworden ist. Jetzt kommt sogar das Heck beim geradeaus beschleunigen auf trockener Strasse! Das kannte ich vor nem Monat noch nicht. Also an der Temperatur ist einfach was dran. Also ich werd wohl im November die 16" drauf ziehen.

  • Korrekt - zumal die von Standardreifen ausgehen. Ein S02 braucht Temperatur, da spuert man bei unter 10 Grad schon eine deutliche Verschlechterung der Haftung!

    Winter mit Winterreifen fuer den Fahrer, der nicht nur bei Sonnenschein faehrt, ist Pflicht und alles andere straeflich fahrlaessig. Ganz gleich, ob das jetzt nun 5, 7 oder 10 Grad sind...

    Gruss,
    Nick

  • Also hier im Münsterland liegt ja meistens auch meterweise Schnee...nebeneinander Wink

    Aber mal so gesehen, das ich das ganze Jahr S fahre, sind mir die 16 Zöller Wintergummies dann doch schon lieber in der dunklen Jahreszeit.
    Morgens um halb 6, Strassen nicht trocken, gestreut oder ähnliches und dann mit 245 Sommerschlappen. Da hätte ich doch ein ungutes Gefühl.
    Sommer oder Winterreifen ist aber wohl bei den Bedingungen hier egal, kommt wohl eher auf die Breite an.

  • Hy,

    bei den oben angeführten Werten ist ja nur der Bremsweg angegeben.

    Winterreifen haben ja hauptsächlich die Anforderungen zu erfüllen, daß man bei Schnee/Matsch/Eis usw. sicher unterwegs sein kann.
    Nur die Bremswerte bei trockener und nasser Fahrbahn heranzuziehen, ist so sicherlich nicht fair, diese als Winterreifenlüge zu bezeichnen.

    Ich wohne mitten im Schwarzwald und mir hilft es da relativ wenig, wenn ich zwar 4-5 meter ?? schneller bei Nässe halten könnte, aber die kleinste Kuppe (bei Schnee/Matsch) nicht mehr hoch komme.

    .... und jeder der anderer Meinung ist, darf jederzeit gerne mit seinen Sommerreifen im Schneegestöber hier herumfahren, und ich garantiere ... derjenige wird viele "Freunde" auf den Strassen finden.

  • Hatte letztes Jahr eine kritische Situation mit meinem Evo. Nachdem ich von Sommer- auf Winterpneus gewechselt habe, übersteuerte mir der Evo auf einer typischen Autobahnabfahrt so, dass ich ihn erst nach einer 180°-Drehung zum Stehen brachte. Seit Tagen herrschten die gleichen Bedingungen (Nässe, 5-8°C) und ich fuhr an der Stelle auch, wie die Tage zuvor (mit ca. 80 km/h). Die Winterreifen waren vom gleichen Hersteller, wie meine Sommerreifen, hatten die gleiche Dimension und waren auf einem identischen Felgensatz montiert. Dadurch, dass die Reifenhersteller betonen, dass ihre Winterpneus bei diesen Bedingungen besser als Sommerräder sind, hab ich mich verleiten lassen, an der Stelle "normal" zu fahren. Wenn die Ausfahrt schmaler gewesen wär, hätte ich meinen Evo verschrotten können. Da frage ich mich doch, wie die Reifenhersteller behaupten können, dass die Winterreifen bei Kälte und Nässe besser sind. Mit den Sommerreifen wäre der Evo an dieser Stelle jedenfalls nicht ausgebrochen.

  • Hier hat sich doch gar keiner gegen die Verwendung von Winterreifen ausgesprochen, insofern verstehe ich den ein oder anderen Kommentar nicht.

    Es geht ausschließlich um die Flunkereien der Reifenhersteller und die Medien die seit Jahren diesen Unfug ungeprüft drucken.

    Grüße

    Walter

  • walter_s schrieb am Mon, 24 October 2005 12:11

    Hier hat sich doch gar keiner gegen die Verwendung von Winterreifen ausgesprochen, insofern verstehe ich den ein oder anderen Kommentar nicht.



    Möchte natürlich anmerken, dass Winterreifen bei Eis und Schnee auf jeden Fall nötig sind. Mit Sommerreifen kommt man, trotz Allrad, auf den vereisten und verschneiten Straßen keinen Meter weit.

    Man sollte halt nur generell vorsichtiger fahren wenn man Winterräder montiert und nicht den gleichen Fehler, wie ich machen, den Reifenherstellern jede Aussage abzukaufen.

  • Habe auch schon festgestellt, dass Winterreifen selbst bei Kälte nur besser halten, wenn Schnee im Spiel ist. Bei Nässe merkt man wahrscheinlich erst bei Minustemperaturen, dass der Winterreifen eine Spur besser ist, aber bei trockener Fahrbahn ist ein Sommerreifen immer besser.



    mfg Hubi

  • Paragon schrieb am Tue, 18 October 2005 16:12

    Guter Artikel. Thumbs Up Vor allem die Grafik dazu ist interessant:

    attachment.php?attachmentid=544110668

    Ist schon erstaunlich, wie man vera....t wird. Und alle quatschen es ungeprüft nach.


    Ich hab schon einige Reifentests gesehen, hab schon Tests mitgemacht wie sich Winterreifen bei Nässe gegenüber Sommerreifen verhalten, aber das mag ich nicht glauben.
    Die Grafik ist wahrscheinlich vom Spiegel erstellt und gefälscht.

    Werde mich mal in der Technik schlau machen und dann erzählen was die so sagen Smile

    Neulich bei 14°C Außentemperatur und Regen auf der NS:
    Sommer vs. Winterreifen
    Der Winterreifen war im Schnitt deutlich schneller.

  • Das ist immer so eine Geschichte mit den Vergleichen (vor allem, wenn man eigentlich Reifen vergleicht, die man nicht vergleichen kann!).
    Wie man aus dem Motorsport weiß, gibt es ja zB Slicks, die um 1 Sekunde pro Kilometer schneller sind als andere Slicks (beides Slicks, nur etwas andere Mischung oder anders geschnitten).

    Wenn man jetzt einmal die grundsätzlichen Unterschiede Winter- und Sommmerreifen hernimmt, ist es halt schwer einen echten Vergleich zu bekommen.



    mfg Hubi

  • Bei einem meiner letzten ADAC Trainings war ein Minibus mit Winterreifen bei 10 Grad Aussentemperatur dabei.

    Bei Bremstests auf Gleitbelag hatte ich mit dem S fast den doppelten Bremsweg (S-02 mit 5 mm und hart wie Beton) und der Minibus hat auch alle anderen Sommerreifen alt aussehen lassen!

    Absolut beeindruckend und fuer mich eine Werbevorfuehrung fuer Winterreifen.

    Gute Fahrt,
    Nick

  • nick schrieb am Tue, 25 October 2005 12:25

    Bei einem meiner letzten ADAC Trainings war ein Minibus mit Winterreifen bei 10 Grad Aussentemperatur dabei.

    Bei Bremstests auf Gleitbelag hatte ich mit dem S fast den doppelten Bremsweg (S-02 mit 5 mm und hart wie Beton) und der Minibus hat auch alle anderen Sommerreifen alt aussehen lassen!

    Absolut beeindruckend und fuer mich eine Werbevorfuehrung fuer Winterreifen.

    Gute Fahrt,
    Nick



    Genau Gleitbelag entspricht im Reibwert Schnee.
    Das sind dann die Bilder die man immer im Fernsehen als Vergleich sieht.
    Nasses Laub usw. wird die Waage wahrscheinlich auch in Richtung WR verschieben.
    Bei normal nassen Strassen sieht die Sache aber eben anders aus.

    Grüße

    Walter