Es war letztendlich eine Vernunftsentscheidung.
Sie kostet mich zu viel ... zuviel Versicherung, zuviel Sprit und zuviel Reifen!
Zudem ist es ja eh nur ein Zweisitzer, man kann ja nichtmal einfach nur einkaufen gehen, ohne gleich drüber nachdenken zu müssen, wie man die Sprudelkiste am besten verstaut dann die zugeklappte Klappbox drüber, die Einkäufe daneben und dahinter, so daß nix rutscht und in den Urlaub geht man dann eben nur ohne Sportgeräte.
Klar kann man sich damit arrangieren, aber als Alltagsauto hat sie eben doch zuviel Einschränkungen...
Ich liebe sie, na und? Der Schmerz geht irgendwann vorbei... Es werden andere kommen ... vernünftigere ... alltagstauglichere ... man ist ja nicht mehr der Jüngste ... vielleicht war's ja doch ein vermessen zu denken, DAS wäre es....
Zudem fällt einem so eine Entscheidung leichter, wenn man die Nächste bereits hat. Ein allerweltstyp, einfach zu haben, anspruchslos an den Fahrer, genügsam im Verbrauch .. geringer Wertverlust. Reifen halten 20-30.000km und Versicherung oder Sprit muss ich nichtmal zahlen. 7 Sitzplätze und drin schlafen kann man zur Not auch.
Eben ein "Dienstwagen".
Das Angebot kam von meinem Vorstandsvoritzenden direkt, "kommen Sie mal kurz rein", Ihre Verdienste um die Firma bla bla... kurz, "Wären Sie an einem Dienstwagen interessiert?"
Nachdem bei mir jetzt Bremsen, 4 Reifen , Auspuff und WM-Schaden-Reparatur anstehen und die Kasse Ebbe zeigt war es genau der Moment wo ich wehrlos war, und ich hab "Ja" gesagt. Schupps, zwei Tage später stand er auch schon da, und ich fuhr fortan nur noch mit der "Schaukel" zur Arbeit, mal kurz nach Italien, shoppen, Fahrrad für die Kleine kaufen usw. Meine S hatte ich noch "brauch ich ja" ... war noch auf dem Jahrestreffen, auf der Pässetour usw... Schön war's ... aber doch schon irgendwie wie Abschied.
Vorgestern bekam ich meine Gehaltsabrechnung ... die steuerlichen Abzüge für den Dienstwagen entsprachen dem was man sonst in dieser Zeit an Sprit und Versicherung gezahlt hätte, ich spar mir Reifen, Reparaturen, Inspektionen, Wertverlust usw. das sind Gründe, die in Zeiten knapper Kassen entscheidend sein sollten. Und schließlich regnet's ja die nächsten Monate sowieso und bis in den Frühling hab ich meine S nicht vergessen aber wenigstens verschmerzt.
Inzwischen bin ich in zwei Monaten 12.000km mit der "Schaukel" gefahren. Entspannend... nicht so laut ... eigentlich kein schlechtes Auto. Ja, ich schaff das, die S zu verkaufen.
Am letzten Donnerstag musste ich mich abends dann doch einfach nochmal reinsetzen, wird man ja wohl noch dürfen....
Sie blinkte mich freudig an als ich öffnete und dann glitt ich auch schon in diesen wie für mich gemachten Sitz hinein, der mich schon 115.000km umschlossen hat. Alles so vertraut.... Sogar der Geruch. Aber auch so still... springt sie noch an ? Mal den Schlüssel rein und das "Mäusekino" anwerfen. Sieht schön aus ...
Neeee, Motor anmachen wäre doch albern... naja .... mal kurz vielleicht? Booaah ...laut ... vertraut ... schön!!!
Hmmmm naja , der Motor läuft ja schon ... ich mach mal's Verdeck auf, dann hör ich ihn besser... zwei Hebel rum, Handbremse nen Tick hoch, Hebelchen nach hinten... uuuiiiiiiii klingt die HKS geil ! Sogar im Stand! Mal n bischen mit dem Gas spielen, nur ein bischen, hab ich früher ja auch gemacht. Ist ja nix dabei. Warum grins ich jetzt so dooof ? Mann ist das albern, ist nur ein Auto!
Was denken denn jetzt die Nachbarn, wenn ich den Motor wieder ausmach? Der ist vollkommen verrückt, geht in die Garage, machten Motor an, das Dach auf und dann alles wieder aus und geht nach oben.... vollkommen bescheuert oder? Ich muß aber noch ne Weile hier wohnen, also geht das mit dem Ausmachen jetzt nicht, dann fahr ich eben noch ne kurze Runde. Ganz kurz. Nur wegen den Nachbarn!
Also , Rückwärtsgang einlegen, mann sind die Schaltwege kurz. Zurücksetzen, ja, ich weiß auf den cm wie weit ich zurück fahren kann. Vorwärtsagng, Garagentor auf, und raus. Bretthart! Aber geil! Dieser Klang...
Ich fahr mal einfach um den Block. Keine Tour. Es ist halb elf abends, wollte noch was arbeiten.
Wenn ich da vorne rechts fahr komm ich auf ne recht kurvige Strecke, bin ja schon am Fahren, also was soll das, darf ja wohl noch ein bischen Spaß haben....
Gegen 1 Uhr 20 stell ich meine S bis über beide Ohren grinsend wieder in die Garage, streiche ihr nach dem Abschließen wieder - so wie früher - über ihren hinteren Kotflügel, wispere ein leises "Schlaf gut" welches aber wohl im Knacken der glühenden Motor- und Abgasanlagenteile vollkommen unterging, ich bin mir sicher, sie hatte es bestimmt trotzdem gehört.
Am nächsten Morgen habe ich den Dienstwagenvertrag rückgängig gemacht. Sehr zur Verwunderung meines Chefs, ich habe erst garnicht versucht es ihm zu erklären. Zu erklären wie es ist, wenn man süchtig ist und es genießt. Süchtig nach Leben, Sternenhimmel und vollkommen vernuftbefreitem Handeln. Er hätte es nicht verstanden.
Sie bleibt !