Hi Leutz, es ist mal wieder soweit...
Alle weiteren Berichte findet Ihr auf meiner Homepage.
Viel Spaß beim Lesen!
Durstiger Kreiskolben-Samurai
Ob der Mazda RX-8 ein echter Sportwagen ist, oder nur die verzweifelte Aufrechterhaltung eines Prestigeobjekts interessierte uns brennend.
Nach der äußerst positiven Resonanz unserer Roadster-Studie ist der RX-8 Test nun der erste Bericht eines geschlossenen Sportwagens, auch wenn meine Frau und ich der Meinung sind, dass ein geschlossener Sportwagen schon mal 20% des Fahrspaßes gegenüber einem Roadster einbüßt, die er in den verbleibenden Eigenschaften nur schwerlich ausgleichen kann.
Der Nachfolger des RX-7 ist die Fortsetzung des Kreiskolbenprinzips von Felix Wankel, welches die Japaner als einziger Hersteller weltweit noch in Seriefahrzeugen einsetzen. Der hier zulande bekannteste PKW mit Wankelmotor ist wohl immer noch der NSU Ro80, der allerdings weitaus häufiger in den Werkstätten als auf der Straße unterwegs war. Weitaus weniger bewegliche Bauteile als bei einem herkömmlichen Ottomotor und eine gleichmäßigere Verbrennung ohne Vibrationen sollen den Wankel auf die Siegerstraße führen. Darüber hinaus gilt er für Mazda als zukünftiger Technologieträger für die Verwendung von alternativen Kraftstoffen.
Aber zuerst tritt der RX-8 als modern gestyltes und schnittiges Sportcoupe in Erscheinung, bei dem die Ingenieure offensichtlich mehr Freiheiten hatten, als bei vielen anderen Herstellern, die mitunter risikolos und langweilig gestalten, wie es zum Beispiel viele Europäer tun. Auch wenn der RX-8 wohl der einzige Sportwagen mit 4 Türen ist, so ist er von der Karosserieform wohl dem Honda S2000 am ähnlichsten, speziell einem Foto der geplanten Coupeversion des S2000. Die weit ausgestellten Radhäuser lassen die Karosserie bullig und kraftvoll wirken.
Wie stolz Mazda auf das Wankelprinzip und den neuen Renesis Motor ist, spiegelt sich in dem überall präsenten Design der beiden Dreiecks-Rotoren, den Herzstücken der 654ccm Brennkammern. Als übergroße Einprägung auf der Motorhaube, in der Front-Stoßstange, als Schaltknauf oder auch als dreieckige Öffnung in den Kopfstützen - der Geist von Felix Wankel ist allgegenwärtig aber nicht übertrieben eingearbeitet.
Das innovative und gegenläufig öffnende Freestyle-Türsystem ermöglicht einen halbwegs problemlosen Einstieg auch für die hinteren beiden Passagiere, die ebenfalls in bequemen, den vorderen Sportsitzen angepasstem Gestühl platz nehmen dürfen. Eine echte Augenweide ist der bis nach hinten durchgezogene Mitteltunnel mit Aluoptik, der auch die hinteren Mitfahrer trennt und sie mit einer Vielzahl von gut zugänglichen Staufächern verwöhnt. Fast erscheint uns dies schon zuviel Komfort für einen Sportwagen, aber es ist toll anzusehen und praktisch. Aber bekanntlich gibt es bei allem Licht immer auch Schatten. So haben die hinteren Passagiere fast keinen Platz für ihre Füße unter den Frontsitzen (BMW lässt grüßen), es sein denn der Fahrer fährt den Sitz etwas hoch, was er aber wohl nicht tun wird, da er sich seine Sitzposition ja nicht nach den Bedürfnissen seiner Mitfahrer einstellt. Außerdem muss man beim Ein -und Aussteigen hinten aufpassen, dass man nicht versehentlich mit dem Fuß im Sicherheitsgurt hängen bleibt, der unten in den Türen geführt wird und so zu einer gefährlichen Stolperfall werden kann.
Hat der Fahrer erst mal Platz genommen, fallen nicht erst bei der Drehung des Zündschlüssels die ersten Besonderheiten dieses Fahrzeugs auf. Das für einen Sportwagen etwas zu groß geratene Lederlenkrad ist mit zweifarbigem Leder bezogen und besitzt einige Knöpfe zur Fernsteuerung des Radios. Die Cockpitanzeigen sind erst sichtbar, wenn man den Zündschlüssel dreht – ein nettes Gimmick, was sich mittlerweile bei immer mehr Japanern findet. Man blickt in drei große Anzeigetrichter und fragt sich, warum diese so groß dimensioniert sind, bzw. warum sie so wenig ausgefüllt sind. Locker hätte man die Anzeigen des linken und rechten Trichters in einem Rundinstrument unterbringen können – so jedenfalls wirken die analogen Anzeigen für Wassertemperatur, Tankinhalt und Ölstand reichlich verloren in ihrem zu üppig bemessenen Platz. Einen Bordcomputer vermisst man gänzlich. Einzig das mittlere (und wichtigste) Instrument zeigt einen großen analogen Drehzahlmesser und die Geschwindigkeit in einem Dreisegment-Display und wirkt so angemessen designed.
Auffällig in der Mittelkonsole ist die Vielzahl verschiedener Knöpfe für Radio, Lüftung und Navigation. Da bedarf es dem Mitteleuropäer schon ein paar Minuten Einarbeitungszeit um sich einzugewöhnen, aber Japaner lieben das wohl so ?!? Ich kann nur davon abraten sich im Straßenverkehr mit alle den Knöpfen vertraut zu machen, da sie sich teilweise drücken, drehen oder zur Seite schwenken lassen (Navi).
Das selbständig aus- und einfahrende Display des Navigationssystems ist mehrfach in der Neigung verstellbar und gut abzulesen. Die Bedienung des Navis ist aufgrund des unpräzisen Joysticks leider etwas fummelig und sollte von Mazda nachgebessert werden. Anfangs wunderten wir uns darüber, das die Sitzheizung nicht funktionierte, was daran lag, das wir vor lauter Fummelei die Klimaanlage eingeschaltet hatten, was offensichtlich die Sitzheizung wieder deaktiviert obwohl dessen Betriebsanzeige weiterhin leuchtet.
Angetan waren wir von dem aufklappbaren Brillenfach im Dachhimmel und der Tönung der Windschutzscheibe zwischen den Sonnenblenden. Allerdings leisteten sich die Ingenieure bei der Befestigung der Sonnenblenden einen derben Schnitzer, was mich in meinem Vorurteil bestätigt, dass Ingenieure mitunter zu theoretisch sind. So ist es nicht möglich, sich bei herunter geklappten Sonnenblenden im Spiegel zu sehen! Leider wurden die Sonnenblenden so schräg angebracht, dass man seinen Kopf deutlich zur Wagenmitte bewegen muss, um sich im Spiegel zu betrachten. Ob eine derartige Verrenkung des Oberkörpers so von Mazda gewollt ist, darf bezweifelt werden. Als praktisch orientierter Handwerker wäre man versucht sich den Akkuschrauber zu schnappen und die inneren Scharniere der Sonnenblenden einfach 2-3cm nach hinten zu verlegen.
Kommen wir nun zu der wichtigsten Eigenschaft eines Sportwagens, dem Fahrspaß. Der gewöhnungsbedürftige Sound des Motors ähnelt einer Turbine, was nicht zuletzt an den extrem hohen Drehzahlen der 231PS-Maschine liegt. So erreicht die leistungsstärkere Variante 9000 Umdrehungen und die 192PS-Variante immerhin noch 7000U/min. Der Motor dreht gleichmäßig hoch, ohne störende Gedenksekunden, wie man sie z.B. von Turbomotoren kennt. Das Geräuschniveau bleibt auch bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn etwas zu dezent für einen Sportwagen.
Der Durchzug bei hohen Drehzahlen auf der Landstraße ist sehr gut und perfekt zum Überholen geeignet. Auf der Autobahn fehlt aber beim Runterschalten etwas die Aggressivität, was sich sicher auch auf der Rennstrecke bemerkbar machen wird. Der Geradeauslauf ist gut und auch beim Topspeed von 246km/h lag der RX-8 sicher und vermittelte das positive Gefühl, alles im Griff zu haben. Das Fahrwerk ist mir persönlich etwas zu weich und ein frühes Untersteuern in engen Kurven ist die Regel.
Das DSC lässt sich zum Glück abschalten und fungiert bei forscher Fahrweise somit nicht als Spaßbremse und ermöglicht so auch Drifts. Höllischen Spaß macht die sehr direkte Lenkung bei Spurwechseln auf der Autobahn, eine Auswirkung der Mehrlenker-Hinterachse. Ich machte mir einen Spaß daraus, immer zwischen LKWs einzuscheren und zum Überholen wieder auf die ruckartig auf die linke Spur zu wechseln. Ob dies den LKW-Fahrern genau so gefielt, vermag ich nicht zu sagen.
Die Position des Schalthebels war mir persönlich zu weit im Innenraum, so dass ich den Sitz weiter nach hinten stellen musste, um ergonomisch schalten zu können. Allerdings war mir nun das Lenkrad zu weit weg und ich musste die Rückenlehne etwas senkrechter stellen. Dieses Problem hatte ich bisher noch in keinem anderen Fahrzeug. Die Schaltwege sind nicht zu lang, aber der Wankel-Schaltknauf ist mit seiner Beleuchtung zwar ein optischer Leckerbissen, aber ziemlich unergonomisch.
Was uns am RX-8 gefällt sich die 8(!) Spritzwasser düsen, welche die Frontscheibe jetzt endlich vernünftig befeuchten, die mazda-typischen Klarglas-Rückleuchten, die Luftabrisskante am Kofferraumdeckel, die doppelflutige Auspuffanlage, das MP3 CD-Radio und das reichhaltige Zubehörprogramm, die das Fahrzeug allerdings zügig Richtung 40.000 Euro bewegen. Die serienmäßigen Nebelscheinwerfer und eine Alarmanlage mit Innenraumüberwachung sind Dinge, die bei anderen Herstellern aufpreispflichtig sind. Das Fahren im RX-8 mit Front-Mittelmotor und einer Gewichtsverteilung von 50:50 macht durchaus Laune, ist uns aber doch ein wenig zu komfortabel, jedoch lange nicht so langweilig wie bei Mercedes.
Der größte Nachteil des Fahrzeugs ist der immens hohe Benzinverbrauch bei sportlicher Fahrweise. So lag der Verbrauch während unserer Probefahrt bei ausgerechneten 19 Litern pro 100 Kilometern, was nun wirklich nicht mehr zeitgemäß für ein Fahrzeug dieser Klasse ist, allenfalls für Geländewagen. Es liegt vielleicht daran, dass Mazda als einziger Hersteller von Wankelmotoren die Weiterentwicklung nicht genug voran treiben kann, wie es viele Hersteller zusammen bei Otto –oder Dieselmotoren getan haben.
Zusammenfassend halten wir den RX-8 für ein tot-chices Sportcoupe mit sehr modernem Design, jedoch hat er kaum reinrassige Eigenschaften eines Sportwagens. So hätten wir uns einen strafferes Fahrwerk, weniger Untersteuern und einen sportlicheren Sound gewünscht. Wer aber Design und Komfort gegenüber den Fahreigenschaften in den Vordergrund stellt, der sollte schnellstens zum Mazda Händler und den Vorführwagen ausprobieren.