Wirkungsweise Torsen-Differential

  • Es gibt 2 Lastrichtungen, die am Fahrzeug wirken

    Fall1:

    Beim Beschleunigen und bei gleichmäßiger Fahrt mit grade soviel Motorleistung (Gas geben) dass alle Fahrwiderstände grade überwunden werden. Dabei bleibt die Geschwindigkeit gleich:

    Die roten Pfeile geben den Drehmomentwert, bzw. die Kraftrichtung wieder. Die Drehrichtung wird hier nicht dargestellt, bzw. bei den Rädern ist’s ja klar in welche Richtung sie drehen.

    Der Motor gibt die Kraft über die Kupplung an’s Getriebe, dort wird das Drehmoment vergrößert und die Drehzahl reduziert. Über die Kardanwelle geht’s direkt in das Hinterachsgetriebe und das Differential um dann über die Antriebswellen die Räder anzutreiben. Im Hinterachsgetriebe wird das Drehmoment nochmal verstärkt und die Drehzahl verringert. An den Rädern kommt daher ein sehr hohes Drehmoment an mit relativ niedriger Drehzahl. Da die Leistung ein mathematisches Produkt aus Drehmoment und Drehzahl ist, bleibt die Leistung gleich. Bis auf die Verluste im Antriebsstrang. Durch Reibung geht Kraft darin in Wärme über, an den Hinterrädern kommt daher nicht alles an Leistung an.

    Fall2:

    Beim Gaswegnehmen und gleichzeitigem Auskuppeln treibt die Massenträgheit das Fahrzeug weiter vorwärts. Die Hinterräder werden durch die Reibung zwischen Reifen und Strasse weiter gedreht. Würde das Fahrzeug auf spiegelglatter Fläche, wie z.B. Eis, Schmierseife oder Aquaplaning fahren, würden die Räder nur noch kurz durch die eigene Trägheit drehen, aber relativ schnell stehen bleiben. Das Fahrzeug würde nur noch durch den Luftwiderstand gebremst werden.

    Wenn die Räder aber nach wie vor auf trockener Fahrbahn rollen, treiben sie durch die Massenträgheit des Fahrzeugs den nun leer laufenden Antriebsstrang an und werden durch die Reibung im Antriebsstrang langsam abgebremst. Das Fahrzeug wird natürlich nach wie vor auch durch den Luftwiderstand abgebremst.

    Die Drehrichtung bleibt selbstredend gleich, nur die Kraftrichtung kehrt sich um. Manchmal ist das als leichtes Knacken oder Schlagen zu spüren wenn sich die Spiele im gesamten Antriebsstrang auswirken.

    Was passiert nun im Torsen Differential? Dazu erstmal eine Erklärung wie das Ding funktioniert:

    Einmal editiert, zuletzt von bpaspi (17. Juni 2010 um 15:21)

  • mal prinzipiell dargestellt mit dem Beispiel, dass das linke Rad in der Skizze plötzlich auf glatten Untergrund gerät:

    Bei Umkehrung der Kräfte gilt das gleiche Prinzip, da ja alle Teile darin symetrisch aufgebaut sind. Ansonsten würd's beim Gaswegnehmen ziemlichen Krach geben. Allerdings nur einmal.

    Die Skizzen und Bilder sind von mir mit PP erstellt, bis auf die grauen Bilder des Torsen-Diffs. Aber die Texte innerhalb der Bilder sind wieder von mir. Daher sollte es keine Probleme wegen Copyright-Verletzungen oder so geben.

    Einmal editiert, zuletzt von bpaspi (17. Juni 2010 um 15:23)

  • Sehr gut erklärt Bernd :!::)

    Besonders deine Wortwahl mit dem abstützen der Schnecken im Diff, haben zumindest bei mir den Knoten im Hirn etwas gelockert. Also sollte die Sperrwirkung des Diff zwar in abgeschwächter Form, weil weniger Drehmoment anliegt, auch im Schiebebetrieb erhalten bleiben, richtig?

  • Wenn das Treiben der Antriebswellen (Schub) den selben Sperreffekt ausloest, wie das Treiben der Kardanwelle (Last), dann waere die Behauptung wiederlegt, das Torsen sperre nicht im Schub.
    So steht es halt ueberall, daher meine Skepsis.

  • Vielleicht darf man beim Torsen nicht von "Sperren" reden, sondern muss von "Momentverteilung" ausgehen.
    Eine Sperre verhindert ja bei einem normalen Kegelrad-Differential das ein Rad durchdreht und somit das gesamte Moment an dieses freilaufende Rad verpufft. Deshalb wird durch zusätzliche Teile das Durchdrehen gesperrt.

    Hier ist es aber so, dass die Abstützungseffekte an den Schnecken eine Verteilung des Momentes von einer Seite zur anderen bewirken. Abhängig vom Drehzahlunterschied und der Schneckensteigung.

  • Ich denke auch, dass das Wort Sperre da einfach sehr unglücklich ist.
    Im Schubbetrieb bekommt man denke ich auf keinem Fall das gleiche Moment in das Diff wie beim Gas geben. Deshalb wäre die Wirkung sehr viel schwächer. Wahrscheinlich ist die Wirkung des Diff im Schubbetrieb nur bei schnell wechselnden Momentunterschieden zwischen dem linken und dem rechten Rad beim Fahren spürbar.
    Kann mir auch irgendwie schlecht vorstellen, dass die Wirkung des Diff im Schubbetrieb plötzlich null sein soll (auch wenn es in der Theorie an vielen Stellen so geschrieben steht). Es sind ja schließlich genau die gleichen Zahnrädchen zu bewegen, egal in welche Richtung das Teil sich dreht.

  • Genau ;)

    Man muss sich halt vorstellen dass das Teil die Kräfte an den Antriebsseiten verteilt. Wenn z.B. jetzt nur mal als Hausnummer, das Schleppmoment bei 80km/h an beiden Rädern knapp 60Nm beträgt, dann wirken pro Rad ca. 90N Kraft (245/45-17 hat ca.650mm Durchmesser = 0,325m Radius).
    Wenn ein Rad auf rutschigen Untergrund kommt, dann schiebt das Torsen diese Kraft ganz kurzzeitig auf die andere Seite. Daher der seitliche Schlag, denn nun wirken mehr als 180N einseitig auf's Heck.

    3 Mal editiert, zuletzt von bpaspi (17. Juni 2010 um 21:00)

  • Zitat

    Original von walter_s
    Wenn das Treiben der Antriebswellen (Schub) den selben Sperreffekt ausloest, wie das Treiben der Kardanwelle (Last), dann waere die Behauptung wiederlegt, das Torsen sperre nicht im Schub.
    So steht es halt ueberall, daher meine Skepsis.

    Genau das irritiert mich auch: Vom Funktionsverständnis des Torsen würde ich auch sagen, dass es in Zug- und Schubrichtung gleich arbeitet.
    Aber allgemein war stets zu lesen, dass Torsen im Schub ohne Sperre ist.
    Kann mich noch an die Allradautos erinnern. Die mussten anfangs ohne ABS auskommen weil die bis dato verbauten Diffs immer gesperrt haben und somit die ABS-Regelung nicht funktionierte.
    Erst mit dem Einzug der Torsen haben diese Allradler dann auch ABS bekommen :roll:

    Gruß

    Markus

    BJ '05
    Moonrock &
    schwarz/rote Innereien

    • Offizieller Beitrag

    Sieht denn das Diff im S2000 innen genauso aus? Prinzipiell ja. Aber genau? Ich meine, dort stützen sich die Schneckenwellen einseitig am Käfig ab, reiben also unter Last mit einer Seite am Käfig. Hab gerade kein Bild zur Hand.

    +++ S2000 MY-2005, EZ-2006, Erstbesitzer. +++ Mods: KW Variante 3. Michelin PS2 (N3) in 225/255 auf 17" OEM Felgen. Wolfgang Weber Abstimmung. Fischerflex. Luft für die Bremsen vorn und hinten. Powerflex Road Series vorn. Domstrebe. Skeed Brace. Schwallblech in Ölwanne. Schwungscheibe 5.1kg statt 6.3kg. Seeker Shift Collar. Custom made Öltemperaturanzeige. Rainbow Germanium 265.25 aktiv an Alpine 9853R. Modifry Dashboard Handy Halter. +++ http://s-zillus.de +++

    • Offizieller Beitrag

    Okay, ist anders gelöst, aber mechanisch meine ich müsste gleiche Wirkungsweise besitzen.

    Reiben sich denn jetzt unter Last die Seitenwellen am Gehäuse? Ich hab das mal in einer der TorenB-Erklärungen im WWW so erklärt gefunden.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Los Eblos (17. Juni 2010 um 22:01)

  • Zitat

    Original von Los Eblos
    ...Reiben sich denn jetzt unter Last die Seitenwellen am Gehäuse?...


    Ja.

    Zitat

    Original von S-enna_2000
    ...Genau das irritiert mich auch: Vom Funktionsverständnis des Torsen würde ich auch sagen, dass es in Zug- und Schubrichtung gleich arbeitet.
    Aber allgemein war stets zu lesen, dass Torsen im Schub ohne Sperre ist.
    ...

    Das Torsen "sperrt" auch nicht. Hatte ich doch schon weiter oben geschrieben.
    Man spricht beim Torsen auch von einem TBR Wert (Torque Bias Ratio) statt einem Sperrwert. Torque Bias Ratio bedeutet den Drehmoment-Multiplikations-Wert der auf die andere Seite weitergegeben wird wenn die eine Seite Grip verliert.
    Beispiel: ein Torsen mit einem TBR von 3 kann bei 100% Eingangsdrehmoment das von der Kardanwelle kommt und 25% Übertragungsdrehmoment von einem Rad dann 3 x 25% = 75% auf das andere Rad leiten.

    2 Mal editiert, zuletzt von bpaspi (17. Juni 2010 um 23:57)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von bpaspi


    Ja.


    Und können die Seitenwellen auf beiden Seiten am Gehäuse reiben?

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  • Zitat

    Original von Los EblosReiben sich denn jetzt unter Last die Seitenwellen am Gehäuse?

    Das bedeutet aber auch, daß das Öl im Diff von immenser Bedeutung für die Sperrwirkung des Diffs ist. Denn das Öl ist schließlich das was die Reibung verringert.

    Das konnte ich sehr deutlich bei meinem neuen (kürzeren) Diff spüren... der seitliche Schlag war trotz kürzerer Übersetzung deutlich geringer als bei meinem OEM. Hier fand allerdings auch ein Öl von ca. 100EUR/Liter Verwendung....

    Vielleicht sollten Leute die extreme Schläge hinten verspüren (die oben erwähnten einseitigen 180 Nm) es einfach mal mit nem anderen Öl versuchen....

    Bernd: Klasse Beitrag! :thumbup:

    • Offizieller Beitrag

    Habe gerade auf https://s2k.de/www.nordschleife.de noch ein uraaaaaltes Video (1937) gefunden, welches die Wirkungsweise eines normalen Differentials sehr anschaulich darstellt. Schwer, das Video hier den vielen Diff-Threads richtig zuzuordnen. Ich poste es daher einfach mal hier... schließlich ist das Prinzip im Torsen-Diff grundsätzlich auch enthalten:

    Around The Corner (1937) How Differential Steering Works
    http://www.youtube.com/?v=yYAw79386WI

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    2 Mal editiert, zuletzt von Los Eblos (26. Mai 2011 um 16:28)